überSETZEN 

eröffnung   :::  03.11.2022 19:00 uhr 

 

ausstellungsaduer :: 03.11. - 04.12.2022

öffnungszeiten :: montag, dienstag, samstag und sonntag von 18:00 -  21:00 uhr

finissage: sonntag, 04.12. von 11-16 uhr 

von A nach B, in eine andere sprache, ein anderes medium. übersetzungen verändern: zusammenhänge, anknüpfpunkte, situationen, betrachtungsweisen, erkenntnis, und das nicht immer bewusst. sie können versachlichen, poetisieren, intensivieren, verflachen, verschönern und verschlimmern, zu einer räumlichen veränderung führen oder erfahrungen schaffen. dabei müssen ausgangs- und endpunkt keine gegensätze oder extreme sein, noch einer von beiden das einzig wahre. der prozess wie der vergleich von ursprung und ergebnis allerdings sind es wert, hinterfragt, untersucht oder schlicht dargestellt zu werden.

 

teilnehmende künstler:innen 

anatol knotek, arne lösekann, christine krammer, daniel wrede, diego palacios, edda moy hosang, karin hahn, mammad oghatian, michael perlbach, monika hahn, rené scheer, paolo moretto, robin lütolf, zhiyi liu

 

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 Die minimalistische wie poetische text-basierte Installation von Anatol Knotek besteht nur aus Werk und Titel, jegliches Wort mehr darüber zu verlieren wäre in diesem Falle tatsächlich eine Übersetzung, bei der zu viel verloren geht. 

 

Anders bei Arne Lösekann, schon allein aus dem Grund um zu erfahren, welche Begriffe der Künstler, hinter einer ungeputzten und daher deutlich sichtbaren Glasscheibe stehend (bei uns der Monitor mit einer Aufzeichnung), in Gebärdensprache fortlaufend darstellt: hase _ tod _ kunst _ tod _ kultur _ tod _ empathie _ tod. Der Hase, dem eine jahrhundertealte Symbolbedeutung in vielen Religionen zuzuordnen ist, verweist auf Höhlenmalereien als erste Kulturbilder der Menschheit und auf die Bedeutung von Kunst für unsere Kultur, die schon weiter in die Geschichte zurückreicht als die von uns aktuell gelebte Demokratie. Entstanden ist die Arbeit im zweiten Corona-Lockdown 2020, in dem die Kulturstätten der Freizeitgestaltung zugeordnet wurden und sämtlich schliessen mussten. Der Künstler bedient sich in der Performance der Gebärdensprache als Verweis auf die Trennung von Kunstschaffenden und RezipientInnen. Neben den bereits erwähnten Verweisen stellt die Arbeit "hase_tod" durch Inhalt und Titel auch explizit eine Verbindung zu der Performance von Joseph Beuys “Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt” her. Der “erweiterte Kunstbegriff” wird in dieser Situation allerdings sekundär, während das Ritual des Kunst-Erklärens, die Vermittlung einer in sich komplexen Sprache in den Vordergrund rückt - und die lautlose, aber nicht stumme Aufforderung des Gehört-Werdens an Politik und Gesellschaft. 

Mit dem Titel "memory talk" bezieht sich Edda Moy Hosang in ihrer raumfüllenden Installation im Erdgeschoss auf eine Praxis des sich Gewahrwerdens im Austausch mit Anderen. Es ist ein Übersetzen von Erlebtem und Gefühltem in Worte, ein darüber Reden, um sich zu versichern, dass es wirklich passiert ist, es einordnen zu können und den Gefühlen Greifbarkeit zu geben. Trauma hat eine sprachzerstörende Wirkung, das körperlich und seelisch Erlebte mit Worten greifbar zu machen, ist nie gänzlich möglich. Auf dem Weg, Gefühle in Worte zu übersetzen, gehen zwangsläufig Fragmente des Erlebten verloren. Nichtsdestotrotz bedarf es dieser Übersetzung, um das Erlebte greifbarer zu machen. Die Installation besteht aus mehreren gläsernen-milchigen Bannern, in welche Sätze, die in Interviews mit traumatisierten Menschen entstanden sind, eingebrannt wurden. Diese Sätze benennen in ihrer Einfachheit imaginäre Traumabilder, die sinnbildlich für das Gefühl stehen, welches die jeweilige Person mit ihrem Trauma verknüpft. Der Boden ist bedeckt mit kleinen weißen Ästen, die brechen, wenn auf sie getreten wird. Das Geräusch der knackenden Äste erfüllt die Stille des Raumes, relational zur brüchigen, gläsernen Materialität der Banner. 

Die Videoinstallation „Unter drei Augen“ ist das Resultat eines erzwungenen Schreibflusses, eines in der Sprache des Internets abgehaltenen Selbstgespräches, bestehend aus sich wiederholenden Sätzen gängiger Phrasen, die unfähig sind im konstanten Schreibfluss aufeinander aufbauende Gedanken zu formen. Echokammern, sprachliche Barrieren und die konstante Produktion auf einem Bildschirm münden in einen schizophrenen Dialog, während im rechten Teil der Arbeit Katzen zu sehen sind, zwölf an der Zahl auf grünem Grund, aus dem Internet. Wie allgemeingültig kann Sprache sein, ist das Bild einer Katze immer nur das Bild einer Katze, und wie gewiss kann man sich der Authentizität eines Textes sein, fragt Christine Krammer

 Das kinetische Objekt von Daniel Wrede thematisiert Mobilität und Fortbewegung. Untrennbar sind sie mit der grundlegenden Infrastruktur unserer Gesellschaft verbunden. Wie hat diese Struktur unsere Umwelt verändert? Welchen Einfluss, welche Wirkung hat sie auf unseren Alltag, auf unser Leben und Zusammenleben? Besitzt sie auch eine rein ästhetische Qualität? 

Diego Palacios Gemälde bestehen aus dem Versuch, eine Interpretation der Realität, die von einer Maschine durch einen 3D-Scan erstellt wurde, in ein reales Objekt zurückzubringen: ein von einem Menschen gemaltes Bild. Sowohl in der Arbeit der Maschine als auch in der des Menschen sind die Interpretationen der Realität unvollkommen. Es entsteht ein neues, gemeinsames Werk, das sowohl von einem Menschen, als auch von einem Maschinenalgorithmus geschaffen wurde. 

Monika Hahn stolpert immer wieder über "so wunderbare Materialien in der Natur" und der Reiz, daraus etwas Neues entstehen zu lassen, hört nicht auf. So entstehen aus ihren Fundstücken Objekte , die von ihren Reisen und Museumsbesuchen inspiriert sind. 

Die Sammlung von Mammad Oghatian ist das Resultat aus 30 Jahren Spaziergängen, gefundener Objekte verschiedenster Materialien, in ihrer Größe begrenzt durch die Mitnahmemöglichkeit, in ihrer Auswahl durch Intuition und Assoziation. Sie werden weder verändert, noch katalogisiert oder numeriert, das Ziel der Sammlung ist keine wissenschaftliche Arbeit, vielmehr repräsentiert sie eine transzendentale Auffassung von Raum und Zeit, ähnlich wie Poesie oder in der reinsten Form ein Haiku. Entscheidend ist die Qualität des Materials an sich, (s)eine Universalität, die dem Menschen als gültig erscheint. Im Zusammenspiel bilden sie das Rohmaterial für Spielräume des Handelns und reflektieren Momentaufnahmen einer prozesshaften Arbeit, deren einzelnde Objekte im BIld der Sprache Buchstaben wären, und in Beziehung zueinander Wörter und Sätze bilden. Ihre unterschiedlichen Kombinationen und Formen repräsentieren ähnlich wie diese unterschiedliche Momente und Bedeutungen. Der Blick wird hierbei auf die Bestandteile gelenkt, Sprache als Material vorgeführt, die Freiheit in Auswahl und Kombination sowie ihre Abhängigkeit vom Ursprung auf facettenhafteste Weise gezeigt. 

Das Kopieren ist ein Mittel des Übersetzens, um auch die Gefühle zu verstehen, die in der Sprache schwer darstellbar sind. Zhiyi Liu hat von YouTube empfohlene Videos nachgezeichnet. Das Ergebnis sind chaotische Grafiken über das menschliche Bedürfnis unabhängig und offen zu bleiben, um eine „moderate Freiheit und Kreativität“ in der Kunst zu erreichen. Die Arbeit "Reverbarations" von Michael Perlbach demonstriert den Aspekt der Veränderung von Information durch Übertragung/Übersetzung. 

Robin Lütolf thematisiert den Interpretationsbegriff als zentralen Punkt der Übersetzungskultur. Die generative Bild- und Klanginstallation "Eine Studie laut Poesie" basiert auf einer animierten Buchstabenpartitur, die von vier ausgebildeten Sänger*innen interpretiert und intoniert wird. 

Experimente mit Schrift und Struktur beschäftigen Karin Hahn seit ihrer Ausbildung als Schriftsetzerin in ihren gestalterischen und künstlerischen Arbeiten. Die als Grundlage für Holzschnitte entstandenen Fotografien zeigen Fragmente von Schrift an Häuserfassaden, die noch das gesetzte Original, bevor es an die Wand kam, erspüren lassen. In einer Zeitkapsel lassen sich Entstehung der Idee, der Schriftsatz (war es sogar noch Blei?), die Art der Übersetzung auf die Fassade, sowie ihr langsamer Verfall lesen. 

René Scheer übersetzte die grünen Fliesen der xpon zur vergangenen Jubiläumsausstellung in Multistencils und transportierte sie an andere Orte der Galerie. Am Tresen dürften sie die meisten Besucher entdeckt haben, im Keller an der Decke sind sie manchen allerdings entgangen. Der Raum oder ein Teil davon wurde bewahrt, verschoben und erweitert – so wie wir es in all den Jahren auch mit der Kunst gemacht haben. Wir übernehmen daher die Arbeit in den Ausstellungsraum als solchen, wie in diese Ausstellung. Erweitert wird sie um eine Variante, die aus einer Idee von Gerald Chors entstand, es aus zeitlichen Gründen aber nicht in die letzte Ausstellung schaffte. Nun, wer heute noch analog arbeitet, wird wissen, das ein Sofortbild zwar unmittelbar am Entstehen ist, aber nicht unbedingt sofort fertig. Umso schöner, es dann zu sehen. 

Paolo Moretto schreibt uns, das sich "Übersetzen" im Italienischen aus der Vereinigung von "trans" und "ducere" ableitet und "über hinausführen" bedeutet, und im heutigen Sinne gerade die Sprachgrenzen überschritten werden. Seine Gedanken zur Mixed Media Arbeit "Trans" und dem Thema schickte er uns auf Italienisch, Deutsch und Englisch - zu lang für einen Pressetext, zu poetisch zum weglassen. Wir legen sie aus.